
Filmrezension zu ‘The Witch’
Auch nach Dekaden voller Horrorthematischer Filme, bereichern einige Vertreter ebenjenes Genres die Filmkunst noch heute durch neue sowie frische Akzente. Eines dieser Werke ist „The Witch“.
Selbstbewusst reiht sich dieser Film in die Independent Riege audiovisueller Sonderlinge neben dem kurz zuvor erschienenen „IT Follows“ ein. Trotz der Tatsache, dass das Horror-Franchise sich großer Beliebtheit erfreut und schon seit langer Zeit in die Geschmäcker der breiten Masse vorgedrungen ist, fällt die Zielgruppe im Vergleich zu anderen Genres verhältnismäßig überschaubar aus. Traut sich nun noch der Regisseur neue Wege in Puncto Erzählstil und einer besonderen künstlerischen Untermalung einzuschlagen, scheint ein Verlustgeschäft für das Filmstudio nicht ganz abwegig. Ein hoch auf den kreativen Geist von Regie-Newcomer Robert Eggers. Filmische Erstlingswerke sind nicht selten absolute Geheimtipps, was nicht zuletzt wohl auch an den Ideen liegen mag, die in der Zeit vor ihrer Schaffensphase gut reifen konnten.
1630: Im amerikanischen Plymouth muss sich William und seine Familie vor Gericht verantworten. Zu erzkonservativ ist ihre Glaubensausrichtung, was ihre Verdammung aus der Gemeinde nach sich zieht. Die Familie, bestehend aus William, seiner Frau Kathrine, der ältesten Tochter Thomasin, ihrem jüngeren Bruder Caleb, den Zwillingen Mercy und Jonas und Samuel dem jüngsten Neuzugang machen sich auf um ein neues autarkes, Leben zu beginnen. Am Rande eines nahe gelegenen Waldes finden sie einen verlassenen Hof, an dem sie sich niederlassen um ihr neues Leben zu beginnen. Doch schon bald verschwindet der jüngste Spross und eine Erklärung dieses Ereignisses möchte gefunden werden. Ist er einem wilden Tier zum Opfer gefallen oder liegt womöglich der Fluch einer bösen Hexe auf der Familie.
Relativ schnell wird klar, dass es sich bei dem Film um ein Werk besonders gemächlicher und ruhiger, ja schon beinahe meditativ anmutender Erzählweise handelt.

Hektische Szenenwechsel sucht man vergebens, ebenso wie aufbrausende und durcheinander klirrende Wortgefechte. Die Gemüter unruhiger Zuschauer könnte dieser Umstand aus der Fassung bringen und in ihnen möglicherweise Langeweile hervorrufen. Bewusste Genießer dieses langsamen Erzählstils kommen durch die Sogwirkung der eingesetzten Bilder hingegen voll auf ihre Kosten und finden sich noch tiefer im Geschehen wieder.

Auf musikalische Untermalung wird, bis auf wenige Ausnahmen, sogar komplett verzichtet. Diese wenigen Ausnahmen unterstreichen die gebotene Dramatik wie ein Filzstift eine besonders wichtige Textstelle markiert und wirken umso intensiver. Ein interessantes Stilmittel um dem Zuschauer unterbewusst die Eindringlichkeit der Szene zu präsentieren.
All dieser künstlerischen Stilmittel zum trotz, muss der Film auch eine interessante Geschichte bieten um zu überzeugen. Und das tut er. Die Handlung spielt einige Jahrhunderte in der Vergangenheit, eine Zeit, in der das Vertrauen in göttliche Autoritäten und Aberglaube eine zentrale Rolle in den Köpfen der Menschen gespielt hat. Dieser Aberglaube ist der Grundstein, der der Familie die Fähigkeit raubt, den sonderbaren Geschehnissen mit Vernunft entgegen zu treten. Dies führt unweigerlich zu einer sich stets aufschaukelnden Situation, die der Geschichte nach heutigen Maßstäben eine groteske theatralische Maske verleiht. Gepaart mit den gekonnt eingesetzten altertümlichen Dialogen, weiß der Film ein authentisches Bühnenbild zu präsentieren.

Da im Mittelpunkt der Geschichte die Familie mit ihren 4 Kindern steht, stellt sich die Frage, wie sich letztere in ihren Rollen behaupten. Schließlich können schlechte Kinderdarsteller selbst einen handwerklichen astreinen Film zunichte machen. Doch erneut kann aufgeatmet werden. Denn auch in dieser Kategorie wird die volle Punktzahl erzielt.
Fazit
Dieses Werk ist etwas spezielles. Freunde gemächlicher Erzählweise und fesselnder Atmosphäre kommen voll auf ihre Kosten. Geschmäcker die es lieber etwas hastiger und mit donnernden Schreckszenen mögen wird es vermutlich zu dröge sein. Dennoch lässt sich eines für sicher festhalten:
Hat man sich erst einmal dieser Welt des 17 Jahrhunderts hingegeben, lässt sie einen bis zum Schluss nicht mehr los. Zu authentisch sind die Darsteller, zu glaubhaft die Kulisse und zu spannend der Handlungsstrang der bis zum Schluss die wahren Hintergründe nicht offenlegt.